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Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist bei der Brückenteilzeit

BAG, Urteil vom 7.9.2021 – 9 AZR 595/20

Seit dem Jahr 2019 ermöglicht § 9a TzBfG eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit mit einem Rückkehrrecht in die vorherige Arbeitszeit (sog. Brückenteilzeit). Ebenso wie die dauerhafte Arbeitszeitverringerung ist auch die zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit mit einer Mindestankündigungsfrist von drei Monaten zu beantragen. Wird diese Mindestankündigungsfrist bei der dauerhaften Arbeitszeitreduzierung nicht eingehalten, ist höchstrichterlich anerkannt, dass der Antrag dahingehend ausgelegt wird, dass „hilfsweise“ der rechtlich frühestmögliche Beginn der Teilzeit beantragt werden soll. Ausweislich des Urteils des BAG vom 7.9.2021 – 9 AZR 595/20 lässt sich dieses Auslegungsergebnis bei der Brückenteilzeit nicht ohne weiteres finden.

Sachverhalt

Die klagende Arbeitnehmerin war bei der beklagten Arbeitgeberin zunächst in Vollzeit, später in Teilzeit tätig.

Mit Schreiben vom 22.01.2020 beantragte die Klägerin erneut die  Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit vom 1.4.2020 bis zum 31.3.2021 auf 33 Stunden. Die Beklagte lehnte diesen Antrag am 27.1.2020 unter Verweis auf betriebliche Gründe ab. Im Prozess machte die Klägerin u.a. geltend, ihr stehe nach § 9a Abs. 1 TzBfG ein Anspruch auf eine zeitliche begrenzte Verringerung der Arbeitszeit zu. Die Beklagte sei verpflichtet, ihrem Antrag vom 22.1.2020 zuzustimmen.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einer zeitlich begrenzten Verringerung ihrer Arbeitszeit für den von ihr begehrten Zeitraum, da sie die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 9a III 1 iVm § 8 II 1 TzBfG nicht gewahrt hatte.

Das BAG geht – anders als die Vorinstanz – nicht davon aus, die Beklagte habe durch eine „Erörterung ohne Vorbehalt“ auf die dreimonatige Ankündigungsfrist des § 9a III 1 iVm § 8 II 1 TzBfG verzichtet.

Zwar könne der Arbeitgeber auf die Einhaltung dieser ausschließlich zu seinem Schutz vorgesehenen Ankündigungsfrist verzichten. Der Verzicht, der dabei nicht ausdrücklich erklärt werden müsse, müsse aber anderweitig eindeutig, zweifelsfrei und unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Allein die Ablehnung unter Angabe betrieblicher Gründe, die der beantragten Arbeitszeitverringerung entgegenstehen, rechtfertige nicht die Annahme, die Beklagte habe auf die Einhaltung der Mindestankündigungsfrist verzichten oder weitere entgegenstehende Gründe nicht vortragen wollen.

Ein unter Verletzung der Mindestankündigungsfrist gestellter Antrag auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit könne auch nicht als ein zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegebenes Angebot auf Änderung der Arbeitszeit ausgelegt werden. Die für einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung von unbestimmter Dauer geltenden Auslegungsgrundsätze ließen sich aufgrund der strukturellen Unterschiede nicht ohne Weiteres auf einen Antrag auf „Brückenteilzeit“ übertragen. Bei einem Antrag auf Brückenteilzeit lege der Arbeitnehmer nicht nur den Anfang, sondern zugleich auch das Ende der verringerten Arbeitszeit fest. Bei einem solchen Antrag lasse sich gerade nicht ohne weiteres durch Auslegung ermitteln, ob der Arbeitnehmer (hilfsweise) die Verkürzung oder die Verschiebung des von ihm angegeben Zeitraums begehrt. Ein unter Verletzung der Mindestankündigungsfrist gestellter Antrag könne deshalb nur dann als Angebot auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt verstanden werden, wenn der Arbeitgeber aufgrund greifbarer Anhaltspunkte erkennen kann, ob der Arbeitnehmer die „Brückenteilzeit“ verkürzen oder verschieben möchte. Solche Anhaltspunkte fehlten hier.

Praxishinweise

Die vom BAG folgerichtig vorgenommene Differenzierung bei der Auslegung ist vor allem für Arbeitnehmer von Bedeutung. Sie sollten bei Anträgen auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestankündigungszeit von drei Monaten legen. Aber auch Arbeitgeber sollten ihre Antwort achtsam formulieren. Ihnen ist insbesondere zu empfehlen, u.a. darauf hinzuweisen, dass eine Stattgabe des Antrags auch aufgrund der Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist ausscheidet, da sich Auseinandersetzungen über die Frage des Verzichts auf die Mindestankündigungsfrist sodann von vornherein verhindern lassen.

Victoria Engelbrecht
Rechtsanwältin

dkm Rechtsanwälte. Kanzlei für Arbeitsrecht.
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