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Lex Corona – die wichtigsten Änderungen im Arbeitsrecht
Die Coronavirus-Pandemie traf die Arbeitswelt mit voller Wucht. Um die Auswirkungen abzumildern, Unternehmen Handlungsmöglichkeiten zu geben, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und entsprechend auf die neue Situation zu reagieren, gab es in diesem Jahr eine Vielzahl von Änderungen im Arbeitsrecht. Die Wichtigsten finden Sie nachfolgend in einem kurzen Überblick.
I. Kurzarbeitergeld
Die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit wurden rückwirkend zum 01.03.2020 abweichend von § 95 SGB III wesentlich erleichtert. Des Weiteren wurde das Kurzarbeitergeld stufenweise erhöht und Nebenverdienstmöglichkeiten ausgeweitet. Die Änderungen sind bis zum 31.12.2020 befristet.
- Ein Arbeitsausfall ist bereits erheblich, wenn im jeweiligen Kalendermonat weniger als ein Drittel, jedoch mindestens 10 % der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall betroffen sind, § 1 Nr. 1 KugV.
- Die Verpflichtung, vorrangig negative Arbeitssalden aufzubauen, entfällt, § 1 Nr. 2 KugV.
- Beiträge zur Sozialversicherung werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit in pauschalierter Form erstattet, § 2 KugV.
- Kurzarbeitergeld kann auch für Leiharbeitnehmer beantragt werden, § 3 KugV.
- Wird die Arbeitszeit um mindestens 50 % reduziert, erhöht sich das Kurzarbeitergeld für kinderlose Beschäftigte ab dem vierten Monat des Bezugs von 60 % des Nettogehalts auf 70 % und ab dem siebten Monat auf 80 %.
- Bei Beschäftigten mit Kindern erhöht sich das Kurzarbeitergeld entsprechend von 67 % auf 77 % bzw. 87 %.
- Während des Bezugs von Kurzarbeitergeld besteht die Möglichkeit bis zur Höhe des üblichen Nettoeinkommens hinzuzuverdienen.
II. Lohnfortzahlung
Im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie sind verschiedene Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers zu unterscheiden:
- Erkrankt ein Arbeitnehmer an Corona, besteht regelmäßige die Entgeltfortzahlungspflicht aus § 3 EFZG.
- Wird einem Arbeitnehmer gegenüber, aufgrund Kontakts mit einem Infizierten, eine Quarantäne mit Verbot der Ausübung der bisherigen Tätigkeit gemäß § 31 S. 2 IfSG angeordnet, besteht ein Entschädigungsanspruch aus § 56 IfSG. Die Entschädigung hat der Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer für die Dauer von sechs Wochen für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beiträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.
- Erleiden erwerbstätige Eltern aufgrund von Schul- oder Kitaschließungen wegen der damit einhergehenden Betreuungsproblematik ihrer Kinder, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einen Verdienstausfall, so steht ihnen der Erstattungsanspruch aus § 56 Abs. 1 a IfSG zu.
III. Elterngeld
Sollte es Eltern, die in sog. systemrelevanten Berufen arbeiten, nicht möglich sein, ihre Elterngeldmonate im Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.12.2020 zu nehmen, können diese bis Juni 2021 aufgeschoben werden. Zudem werden Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld I bis Ende 2020 nicht auf das Elterngeld angerechnet.
IV. Arbeitszeitgesetz
Für Beschäftigte in systemrelevanten Berufen ist die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden möglich. Diese Regelung gilt vorerst bis zum 30.06.2020.
V. Betriebsratsbeschluss per Videokonferenz
Um die Handlungsfähigkeit des Betriebsrats zu gewährleisten, besteht gemäß § 129 BetrVG rückwirkend ab dem 01.03.2020 und zukünftig bis zum 31.12.2020 die Möglichkeit, Beschlüsse mittels Video- oder Telefonkonferenzen zu fassen.
VI. Online-Verhandlungen an den Arbeitsgerichten
Nach dem neu eingefügten § 114 ArbGG erhält das Gericht die Befugnis, eine Videoverhandlung anzuberaumen.
- Es besteht die Möglichkeit, dass ehrenamtliche Richter bei Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite an einer mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort aus beiwohnen, § 114 Abs. 1 ArbGG.
- Abweichend von § 128a ZPO kann angeordnet werden, dass Parteien und ihre Bevollmächtigten an einer mündlichen Verhandlung vor einem anderen Ort aus teilnehmen, § 114 Abs. 2 ArbGG.
VII. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Die dreiwöchige Insolvenzantragspflicht des § 15 a InsO wird befristet bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Dies gilt nur, wenn der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie beruht und Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen.
VIII. Fazit
So dynamisch wie sich die Pandemie entwickelte, so dynamisch entwickelte sich auch das Arbeitsrecht in seinen unterschiedlichen Facetten. Versucht wurde, die Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen zu berücksichtigen. Vieles hat geholfen und wird helfen, teilweise wären jedoch schnellere und klarere Regelungen, insbesondere betreffend die arbeitsgerichtlichen Verfahren (Datenschutz, technische Voraussetzungen), wünschenswert gewesen, um in der Praxis zu bestehen.
Alexandra Richter
Rechtsanwältin
dkm Rechtsanwälte. Kanzlei für Arbeitsrecht.
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