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Kündigung eines Beauftragten für Datenschutz – Absinken der Beschäftigtenzahl

BAG, Urteil vom 05.12.2019 – 2 AZR 233/19

Sachverhalt
Der Kläger war bei einer deutschen Niederlassung eines australischen Bankinstituts beschäftigt und wurde dort im Jahr 2010 zu einem von zwei Geschäftsleitern sowie zum Beauftragten für Datenschutz (DSB) bestellt. In den Jahren von 2010 bis 2015 beschäftigte die Beklagte zwischen zehn und dreizehn und im Jahr 2016 neun Mitarbeiter. Im Jahr 2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die diese insgesamt acht Arbeitnehmer. Der Kläger trägt mit seiner Kündigungsschutzklage vor, dass dieser infolge der Bestellung zum Datenschutzbeauftragen ordentlich unkündbar sei und aufgrund des Sonderkündigungsschutzes nach § 4f Abs. 3 S. 5 Bundesdatenschutzgesetz, in der bis zum 24.05.2018 geltenden Fassung (BDSG aF), nur außerordentlich hätte gekündigt werden können.

Entscheidungsgründe
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat festgestellt, dass sich der Kläger nicht auf den Sonderkündigungsschutz des § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG aF hat berufen können.

Der Kläger wurde als verpflichtender DSB nach § 4f Abs. 1 S. 4 BDSG aF bestellt und zählte somit zu den nach § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG aF geschützten Personenkreis, die einen Sonderkündigungsschutz genießen. Im Zeit-punkt der Bestellung beschäftigte die Beklagte in der Regel mehr als neun Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogene Daten, weshalb eine Verpflichtung zur Bestellung eines DSB bestand.

Mit der Anknüpfung des § 4f Abs. 1 S. 4 BDSG aF an die „in der Regel“ ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigten Personen, kommt es für die Größe nicht auf die zufällige tatsächliche Anzahl der Beschäftigten im Zeitpunkt der Bestellung an, sondern auf die Beschäftigungslage, die im Allgemeinen für die Stelle –also den Betrieb – kennzeichnend ist.

Die ordentliche Kündigung des Klägers war nicht nach § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG aF unwirksam. Das Absinken der Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert des § 4f Abs. 1 S. 4 BDSG aF, während der Bestellung des DSB, führt dazu, dass dessen Sonderkündigungsschutz entfällt, ohne dass es eines Widerrufs der Bestellung durch den Arbeitgeber bedarf.

Dies folgt aus Wortlaut der Norm, deren Systematik sowie Sinn und Zweck. Für eine derartige Auslegung spricht bereits die Übertragbarkeit entsprechender Wertungen für vergleichbare Funktionsträger, wie für Betriebsräte im Sinne des § 15 Abs. 1 KSchG. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG für Betriebsräte besteht während ihrer Amtszeit. Das Amt des Betriebsrat endet jedoch, u.a., wenn die Zahl der ständig beschäftig-ten Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend auf unter fünf Arbeitnehmer absinkt und damit die Voraussetzung der Bildung des Betriebsrats entfallen. Dabei bezweckte der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 4f Abs. 3 BDSG aF eine Anpassung an den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 KSchG (vgl. BT-Drs. 16/12011). Maßgeblich für die Beurteilung des Sonderkündigungsschutzes des DSB sind zudem die objektiven Verhältnisse im Zeit-punkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Wenn nämlich keine Verpflichtung mehr zur Bestellung eines DSB besteht, bedarf es auch nicht mehr des Schutzes der Unabhängigkeit seiner Stellung, die darin liegt unabhängig und selbstbewusst gegenüber dem Arbeitgeber auf die Einhaltung des Datenschutzes hinzuwirken. Mit Unterschreiten des Schwellenwertes endet das Amt des DSB. Maßgeblich für den Schwellenwert ist auch hier die Zahl der „in der Regel“ mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigten Personen. Mit dem Unterschreiten genießt der DSB sodann keinen Sonderkündigungsschutz mehr.

Endet durch das Unterschreiten des Schwellenwertes des § 4f Abs. 1 S. 4 BDSG aF die Funktion als verpflichtender DSB, beginnt jedoch der einjährige nachwirkende Sonderkündigungsschutz des § 4f Abs. 3 S. 6 BDSG aF.

Praxishinweise
Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen, da sie Rechtsklarheit schafft und der gesetzgeberischen Wertung entspricht, wonach nur der verpflichtend bestellte DSB einen Sonderkündigungsschutz genießt, nicht jedoch ein freiwilliger DSB. Hierdurch wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass allzu strenge Vorgaben für freiwillige DSB deren Bestellung und somit die Durchsetzung eines effektiven Datenschutzes behindern könnten.

Die Erwägungen der Entscheidung können auch auf den, seit dem Wirksamwerden der DSGVO, geltenden § 6 Abs. 4 BDSG nF (iVm § 38 Abs. 2 BDSG nF) angewendet werden, da sich hier – weitgehend, wenn auch mit geänderten Schwellenwerten – dieselben Regelungen wiederfinden.

Elias Klich
Rechtsanwalt

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