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Betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit – Geht das?
Im Zuge der Corona-Pandemie und der damit verbunden Einschränkungen des öffentlichen Lebens sahen sich viele Unternehmen dazu veranlasst, Kurzarbeit einzuführen, um die damit einhergehenden erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen der Pandemie abzufedern. Diesem Vorgehen lag vor allem die Hoffnung zugrunde, auch in der Krisensituation Arbeitsplätze sichern und diese Zeit zumindest weitgehend ohne betriebsbedingte Kündigungen überstehen zu können. Aktuell befinden sich laut ifo-Institut rund 7,3 Mio. Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Da jedoch nach wie vor nicht absehbar ist, ob sich die wirtschaftliche Situation des Landes und der einzelnen Unternehmen kurzfristig erholt, stellt sich immer dringender die Frage, welche wesentlichen Aspekte im Zusammenspiel zwischen Kurzarbeit und Beendigungskündigungen zu beachten sind.
Betriebsbedingte Kündigung und Kurzarbeit – Ein Widerspruch in sich?!
Während Kurzarbeit durch einen „vorübergehenden Arbeitsausfall“ gekennzeichnet ist, muss bei einer betriebsbedingten Kündigung vom Arbeitgeber ein „dauerhafter Wegfall des Beschäftigungsbedarfs“ dargelegt werden.
Auch wenn die Bedingungen zur Einführung von Kurzarbeit und die der betriebsbedingten Kündigung gegensätzlich erscheinen, gibt es keinen generellen Grundsatz der besagt, dass sich Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen gegenseitig ausschließen. Das BAG hat bereits im Jahr 1997 entschieden, dass auch in einem Betrieb, in dem Kurzarbeit angeordnet ist, betriebsbedingte Kündigungen zulässig sein können, vgl. BAG, Urteil vom 26.06.1997 – 2 AZR 494/96.
So hat das BAG festgestellt, dass die Einführung von Kurzarbeit zunächst nur ein sozialrechtlicher Vorgang ist. Deshalb ist Kurzarbeit aus arbeitsrechtlicher Sicht auch nur ein Indiz dafür, dass der Arbeitsmangel nur vorübergehender Natur ist. Dies deute nur darauf hin, dass der Arbeitgeber selbst davon ausging, dass der Arbeitsmangel nur vorübergehend ist. Diese allgemeine sozialrechtliche Sichtweise hindert den Arbeitgeber jedoch aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht daran, individuelle betriebsbedingte Kündigungen gegenüber einzelnen Mitarbeitern auszusprechen. Weist der Arbeitgeber nämlich nach, dass für die Entlassung zusätzliche oder geänderte Umstände eingetreten sind, die über den zunächst angenommenen nur vorübergehenden Arbeitsmangel hinausgehen, ist eine betriebsbedingte Kündigung auch während Kurzarbeit oder im Anschluss an Kurzarbeit möglich.
Wichtig ist, dass der Arbeitgeber eine differenzierte Begründung der Kündigung liefert. Wie bei betriebsbedingten Kündigungen vorgeschrieben, darf ein Arbeitsgericht die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers als solche, die zu einem Personalabbau führt, nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüfen. Denn Personalabbau ist allein die Entscheidung des Arbeitgebers. Ein Arbeitsgericht darf nur prüfen, ob die Maßnahme des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern etwa grob willkürlich ist. Einen solchen Zweifel kann der verantwortungsvolle Arbeitgeber leicht vermeiden.
Für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung während oder nach Kurzarbeit kommt es allein darauf an, dass der Arbeitgeber stichhaltige innerbetriebliche oder außerbetrieblicher Erfordernisse aufzeigt, die über die allgemeinen Gründe für die Einführung der Kurzarbeit hinausgehen.
Praxishinweise
Auch bei Ausspruch von Kündigungen während der Kurzarbeit sind die ordentlichen Kündigungsfristen zu beachten. Weiter erlischt bei Ausspruch der Kündigung automatisch der Anspruch auf Kurzarbeitergeld für den betroffenen Arbeitnehmer und die Agentur für Arbeit stellt die Zahlungen für den gekündigten Arbeitnehmer nach § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III ein.
Fraglich ist dann, ob dem gekündigten Arbeitnehmer bei Verlust des Anspruchs auf Gewährung von Kurzarbeitergeld, bis zum Kündigungszeitpunkt der volle Lohn von Seiten des Arbeitgebers zusteht.
Das Erlöschen des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld ändert nichts an der tarif-/einzelvertraglich oder per Betriebsvereinbarung vereinbarten Reduzierung der Arbeitszeit und dem damit einhergehenden Verdienstausfall. Der Arbeitnehmer bleibt bis auf Weiteres also nur noch zur verringerten Arbeitsleistung verpflichtet (oder bei „Kurzarbeit Null“ entfällt die Arbeitsverpflichtung sogar vollumfänglich) und stellt sich auf entsprechend reduzierte Vergütung ein – sowie regelmäßig im Zuge typischer „Kurzarbeitsvereinbarungen“ auch auf die zusätzliche Zahlung des sozialversicherungsrechtlichen Kurzarbeitergeldes. Das Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers und eine Zahlungsverpflichtung bei Entfall persönlicher Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld können auch lediglich auf diese Höhe begrenzt sein. Deshalb können Arbeitnehmer grundsätzlich auch zukünftig nur Bezahlung in Höhe des Betrags verlangen, den sie im Falle der Gewährung von Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit erhalten hätten. Sie sind somit während des festgelegten Kurzarbeitszeitraums finanziell nicht besserzustellen, als wenn weiterhin Kurzarbeitergeld gezahlt worden wäre.
Abweichende Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers können sich allerdings aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Einzelvereinbarungen mit Arbeitnehmern ergeben. Die Reduzierung der regulären Arbeitszeit und eine damit einhergehende Gehaltsminderung in Form einer Bedingung kann insbesondere an die Gewährung des staatlichen Kurzarbeitergelds durch die Agentur für Arbeit geknüpft werden. Sofern der Bezug von Kurzarbeitergeld enden sollte, würden in so einem Fall die ursprünglichen Vertragsbedingungen wieder aufleben – und damit neben der vollen Arbeitsverpflichtung auch die vorherige volle Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Fazit
Betriebsbedingte Kündigungen während einer Kurzarbeitsphase sind nicht grds. ausgeschlossen, sondern sind – wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen – möglich.
Die Feststellung der vom Arbeitgeber geschuldeten Vergütung nach Ausspruch der Kündigung kann von individuellen Regelungen abhängen und insofern Schwierigkeiten bereiten. Diese Schwierigkeiten können, ebenso wie die grundsätzlichen Fragen zum Verhältnis von Kurzarbeit und Kündigung, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils strategische Verhandlungspunkte sein. Sie können einvernehmlich, beispielsweise bei einer umfassenden außergerichtlichen oder gerichtlichen Einigung der Parteien, abschließend gelöst werden.
Melanie Pless
Rechtsanwältin
dkm Rechtsanwälte. Kanzlei für Arbeitsrecht.
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