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Das Wichtigste zur Kurzarbeit
Die Corona-Krise trifft deutsche Unternehmen mit voller Wucht. Vom international tätigen Großkonzern bis hin zu Kleinstbetrieben hat die Ausbreitung des Virus verheerende wirtschaftliche Folgen. Deutschlandweit mussten bereits Betriebe aufgrund behördlicher Anordnung schließen, eine Beschäftigung von Arbeitnehmern war vielen Arbeitgebern unmöglich. Im Zuge dessen hat die Bundesregierung rückwirkend ab dem 01.03.2020 die Regelungen zur Kurzarbeit vereinfacht, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben liquide zu bleiben und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Nachfolgend sollen die wesentlichen Neuerungen und Voraussetzungen der Inanspruchnahme von Kurzarbeit dargestellt werden.
Wesentliche Neuerungen bei der Kurzarbeit
Am 13.03.2020 beschloss die Bundesregierung für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld („KUG“) rückwirkend zum 01.03.2020 folgende Änderungen:
• Es müssen mindestens 10 % der Mitarbeiter betroffen sein und einen Arbeitsausfall von mindestens 10 % haben. Zuvor mussten 33 % der Mitarbeiter betroffen sein.
• Die Bundesagentur für Arbeit erstattet vollständig die Sozialversicherungsbeiträge. Bisher waren diese zu 80 % vom Arbeitgeber getragen.
• Auch Leiharbeitnehmer sollen zukünftig die Möglichkeit erhalten das sog. KUG in Anspruch zu nehmen.
• Überstunden und Arbeitszeitkonten müssen aktuell nicht mehr auf Null oder gar ins Minus gefahren werden.
Die Regelungen sind vorerst auf den 31.12.20 befristet.
Kurzarbeit als Chance oder Risiko?
Ist die Beschäftigung der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unmöglich, besteht die Möglichkeit, die Arbeitszeit für einzelne Abteilungen oder den gesamten Betrieb im Wege der Kurzarbeit an den veränderten Arbeitsanfall anzupassen.
Eine Reduzierung der Arbeitszeit – ggf. auf Null – hat für die Mitarbeiter entsprechende Auswirkungen beim Gehalt; dieses reduziert sich. Andererseits steigen die Chancen, dass der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Die Unternehmen wiederum erhalten durch die Kurzarbeit die Möglichkeit, in diesen wirtschaftlich herausfordernden Zeiten punktegenau zu prüfen, in welchen Bereichen und Abteilungen auf die verminderte Arbeit durch Kurzarbeit reagiert werden muss, ohne über Entlassungen wertvolle Mitarbeiter zu verlieren. Gleichzeitig können sie so die finanziellen Belastungen zumindest teilweise eingrenzen und bei einem Wiederaufleben der Konjunktur schnell reagieren. Insofern bietet die Kurzarbeit mit ihren aus der Vergangenheit erprobten Instrumenten Chancen für alle. Voraussetzung für den Erfolg der Kurzarbeit sind klares Handeln und klare betriebliche und vertragliche Regelungen.
Voraussetzungen der Kurzarbeit
Die Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeit sind in § 95 SGB III geregelt. Danach müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, mithin:
• ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall
• die betrieblichen Voraussetzungen
• die persönlichen Voraussetzungen und
• eine Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit
Die Ursache für den Entgeltausfall muss zunächst in wirtschaftlichen Gründen liegen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Erfolgt eine Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung stellt dies grundsätzlich einen unabwendbaren und vorübergehenden Umstand dar, welcher zum Bezug von Kurzarbeitergeld berechtigt. Hiervon umfasst sind auch Ausgangssperren.
Die betrieblichen Voraussetzungen sind bereits dann gegeben, wenn eine einzige sozialversicherungspflichtige Person beschäftigt ist. Die Kurzarbeit kann sowohl für den gesamten Betrieb, als auch für einzelne Betriebsabteilung, wie z.B. die Produktion beantragt werden.
Die persönlichen Voraussetzungen richten sich an die Mitarbeiter selbst. Diese sind dann gegeben, wenn die Arbeitnehmer einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung nachgehen und diese in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Keinen Anspruch haben daher unter anderem geringfügig Beschäftigte, Azubis aber auch Bezieher von Krankengeld. Es wäre daher im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, welche Mitarbeiter überhaupt zum Bezug von KUG berechtigt sind.
Die Kurzarbeit muss schließlich bei der Agentur für Arbeit angezeigt werden. Auch Zeitarbeitsunternehmen können ab sofort einen entsprechenden Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzeigen. Der Arbeitsausfall sollte unverzüglich angezeigt werden. Grundsätzlich ist die Agentur für Arbeit zuständig in dessen Bezirk das Unternehmen seinen Sitz hat. Der Antrag muss spätestens am letzten Tag des Monats eingehen, in welchem die Kurzarbeit eingetreten ist. Etwaige Versäumnisse gehen zu Lasten des Unternehmers.
Höhe des Kurzarbeitergeldes
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes hängt grundsätzlich vom Umfang der reduzierten Arbeitszeit hab. Die Kurz-arbeiter erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts.
Arbeitgeber haben zudem die Möglichkeit das Kurzarbeitergeld aufzustocken, sofern dies nicht bereits durch tarifliche Regelungen ohnehin zwingend vorgeben wird. Diese Zuschüsse wären steuerpflichtig.
Beiträge für die Sozialversicherung werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit nunmehr vollständig erstattet.
Die geleisteten Arbeits-, Ausfall- und Fehlzeiten sind in Arbeitszeitnachweisen zu führen. Die Abrechnung des Arbeitgebers mit der Agentur für Arbeit für den jeweili-gen Kalendermonat muss innerhalb von 3 Monaten (Fristbeginn mit Ablauf des beantragten Kalendermonats) vom Arbeitgeber eingereicht werden.
Einführung von Kurzarbeit
Liegen die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vor, stellt sich für Arbeitgeber die Frage der innerbetrieblichen Umsetzung. Kurzarbeit stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalles zu tragen hat, also trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers die Vergütung in voller Höhe weiterzuzahlen hat, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft persönlich angeboten hat (§ 615 BGB). Kurzarbeit mit der Folge des Wegfalls des Vergütungsanspruchs darf der Arbeitgeber deshalb nicht einseitig anordnen. Es bedarf einer expliziten Rechtsgrundlage, da hinsichtlich der Arbeitszeit und Vergütung ein Eingriff in den bestehenden Arbeitsvertrag stattfindet.
Die Befugnis, Kurzarbeit anzuordnen, kann sich einerseits aus tarifvertraglichen Regelung ergeben. Vielfach enthalten diese neben einer Verpflichtung des Arbeitgebers das Kurzarbeitergeld aufzustocken auch weitere Vorgaben für die Einführung der Kurzarbeit.
Ist ein Tarifvertrag nicht einschlägig oder enthält dieser keine Regelungen zur Kurzarbeit besteht für Arbeitgeber ferner die Möglichkeit die Einführung der Kurzarbeit durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln, sofern ein Betriebsrat besteht. Die Einführung der Kurzarbeit ist zwingend mitbestimmungspflichtig, § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Betriebsvereinbarungen wirken unmittelbar und zwingend für die vom Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht legt einen strengen Maßstab an die Wirksamkeit einer solchen Betriebsvereinbarung an. Danach muss eine solche Vereinbarung klare Regelungen zu Beginn und Dauer der Kurzarbeit, der Lage und Verteilung der Arbeitszeit, sowie die Aus-wahl der betroffenen Arbeitnehmer enthalten (BAG, Urteil vom 18.11.2015 – 5 AZR 491/14).
Die Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung hätte für Arbeitgeber, welche sich ohnehin aufgrund des Corona-Virus in einer extrem angespannten wirtschaftlichen Situation befinden, weitere massive finanzielle Auswirkungen. Ist die Betriebsvereinbarung unwirksam gilt dies auch für die Anordnung der Kurzarbeit. Da grundsätzlich der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt wäre er verpflichtet allen betroffenen Arbeitnehmern den vollständigen Lohn aufgrund Annahmeverzugs zu zahlen.
Besteht im Betrieb kein Betriebsrat wird es für den Arbeitgeber ungleich schwerer Kurzarbeit einzuführen. Es ist dann eine arbeitsvertragliche Vereinbarung erforderlich. Eine klare Befugnis zur Anordnung der Kurzarbeit findet sich allerdings in den wenigsten Arbeitsverträgen. Mithin ist es in solchen Fällen erforderlich, dass der Arbeitgeber mit jedem einzelnen Arbeitnehmer eine entsprechende Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag abschließt. Der organisatorische Aufwand steigt mit zunehmender Mitarbeiterzahl. Ist dies mit allen oder einzelnen Arbeitnehmern einvernehmlich nicht möglich verbleibt als letztes Mittel nur noch der Ausspruch von Änderungskündigungen oder betriebsbedingten Beendigungskündigungen. Die Unwirksamkeit einer solchen individualrechtlichen Vereinbarung hätte wiederum den fortbestehenden Lohnanspruch des Arbeitnehmers in voller Höhe zur Folge.
Fazit
Die Einführung von Kurzarbeit ist ein wirksames Mittel, das Überleben von (großen und kleinen) Unternehmen sicherzustellen und die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer zu erhalten. Eine frühzeitige fundierte juristische Beratung hilft bei einer rechtssicheren Umsetzung in der betrieblichen Praxis.
dkm Rechtsanwälte. Kanzlei für Arbeitsrecht berät Sie umfassend und schnell zu allen Aspekten der Kurzarbeit. Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne.
Felix Kratz Thomas Frisch
Rechtsanwalt Rechtsanwalt
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