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Der gläserne Arbeitgeber – BGH konkretisiert Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO

BGH, Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 576/19

Seitdem zum 25.08.2018 die DSGVO sowie das neue Bundesdatenschutzgesetz in Kraft getreten sind, beschäftigt die Anwendung der Normen regelmäßig die Gerichte. Insbesondere zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO fehlte dem Rechtsanwender bisher verlässliche Rechtsprechung zur Reichweite des Anspruchs. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20) hat, trotz der von vielen erhofften Klarstellung, noch offengelassen, wie weit der Umfang des Art. 15 DSGVO reicht. Mit der jüngsten Entscheidung des BGH ist damit nun (hoffentlich) Schluss – eine Entscheidung, die für die arbeitsrechtliche Praxis von nicht unerheblicher Bedeutung sein könnte.

Sachverhalt

Geklagt hatte ein Versicherungsnehmer, der Ende der 1990er Jahre eine Lebensversicherung bei der Beklagten abschloss. Im Jahr 2016 widersprach der Kläger dem Zustandekommen des Versicherungsvertrags – ohne Erfolg. In der Folge begehrte der Versicherungsnehmer Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten, die ihm nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes erteilt wurde (§ 34 BDSG a.F.). Erstinstanzlich zunächst gescheitert, stützte der Kläger sein Begehren in der Berufungsinstanz, dem LG Köln, zudem auf die DSGVO, da er die Auskunft seines Versicherers für nicht ausreichend hielt – dieses wies seine Klage ebenfalls ab. Der BGH hatte in der Revision zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

In der Revision hatte der Kläger weitestgehend Erfolg. Im Kern hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, wie weit der Begriff der „personenbezogenen Daten“ i.S.d. Art. 4 Nr. 1 Hs. 1 DSGVO zu verstehen ist – Auskunft über diese kann durch den Anspruchsberechtigten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO verlangt werden. Der BGH sprach sich für eine weite Auslegung des Begriffs der personenbezogenen Daten aus, der über sensible oder besonders persönliche Informationen hinausgeht. So sind Schreiben zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Verantwortlichen ebenso umfasst wie interne Vermerke. Dies soll nach Ansicht des BGH auch gelten, wenn der Berechtigte den Inhalt der Dokumente bereits kennt.

Praxishinweise

Der weitreichende Auskunftsanspruch des Art. 15 DSGVO beschränkt sich nicht nur auf Vertragsbeziehungen zwischen Verbrauchern und Unternehmen. Auch Arbeitnehmer, welche zudem als Verbraucher anzusehen sind, gehören zum Kreis der Berechtigten, die Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten verlangen können. Nun, nachdem der BGH die Reichweite des Anspruchs konkretisiert hat, ist absehbar, dass auch Arbeitgeber zukünftig verpflichtet werden können, jedwede Korrespondenz mit dem Arbeitnehmer herauszugeben, einschließlich Gesprächsnotizen von Mitarbeitergesprächen. Der BGH stellt klar, dass der Begriff der personenbezogenen Daten im Rahmen einer weiten Auslegung über sensible oder besonders persönliche Informationen hinausgeht, weshalb ein Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO wohl nicht auf den Inhalt der Personalakte oder gar seine Stammdaten beschränkt werden kann. Abzuwarten bleibt, ob das BAG sich dieser Rechtsprechung anschließt oder, wie vielfach unternehmensseitig gefordert, die Besonderheiten des Arbeitsrechts berücksichtigt.

Thomas Krebs
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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