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Erkenntnisse einer anlasslosen Überwachung mittels eines sog. Keyloggers sind im Prozess nicht verwertbar

BAG, Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16

Der Einsatz eines sog. Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, ist nach § 32 Abs. 1 BDSG unzulässig, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht.

Sachverhalt
Dem Kläger, der bei der Beklagten seit 2011 als „Web-Entwickler“ beschäftigt war, wurde im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks im April 2015 mitgeteilt, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung der Systeme der Beklagten „mitgeloggt“ werde. Hierzu installierte die Beklagte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Screenshots fertigte. Die mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien wurden mit dem Ergebnis ausgewertet, dass der Kläger in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigte. In einer Anhörung des Klägers räumte dieser ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit in geringem Umfang privat genutzt zu haben. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis sodann außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage.

Entscheidungsgründe
Das BAG gab der Kündigungsschutzklage des Klägers – ebenso wie die Vorinstanzen – statt. Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Die Beklagte habe durch den Einsatz des Keyloggers das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Das BAG führte im Urteil vom 27.07.2017 – 2 AZR 681/16, zu dem bislang lediglich die Pressemitteilung (PM Nr. 31/17) vorliegt, aus, dass der Einsatz eines Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet würden, nach § 32 Abs. 1 BDSG unzulässig ist, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. Weiter entschied das BAG, dass auch die vom Kläger eingeräumte Privatnutzung die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht rechtfertige.

Praxishinweis
Es ist wenig überraschend, dass das BAG aufgrund des anlasslosen Einsatzes des Keyloggers einen Verstoß gegen § 32 BDSG angenommen und hieraus folgend ein Verwertungsverbot der mittels des Keyloggers gewonnenen Erkenntnisse bejaht hat. Man sollte dennoch nicht dem Trugschluss unterliegen, dass der Einsatz eines Keyloggers oder eines anderen Überwachungsmittels per se unzulässig und daher stets ein Verwertungsverbot anzunehmen wäre. Arbeitgeber haben mit § 32 BDSG nur eine hohe Hürde zu nehmen, die besondere Sorgfalt erfordert. Da eine illegale Überwachung von Arbeitnehmern sogar Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Arbeitnehmers auslösen kann, ist Arbeitgebern jedoch dringend anzuraten, Überwachungsmaßnahmen nur nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung durchzuführen. Arbeitnehmer ist dagegen anzuraten, sich anwaltlich beraten zu lassen, wenn sie mit derlei Vorwürfen konfrontiert werden und eine etwaige Stellungnahme erst nach einer solchen Beratung abzugeben.

Victoria Engelbrecht
Rechtsanwältin