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Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz gilt auch für freie Mitarbeiter

BAG Urteil v. 25.06.2020, Az. 8 AZR 145/19

Arbeitnehmerähnliche Personen – und damit freie Mitarbeiter – fallen auch unter das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) und haben somit einen Auskunftsanspruch, wie das BAG in seiner Entscheidung aus Juni 2020 urteilte.

Sachverhalt

Seit Jahren geht es einer Journalistin (Frontal21) um die finanzielle Gleichstellung mit ihren männlichen Kollegen. Seit 2007 arbeitete sie für das ZDF, Ende 2014 erfuhr sie, dass sie schlechter bezahlt wird als männliche Kollegen mit weniger Betriebszugehörigkeit und Berufserfahrung.

Die daraufhin erhobenen Klagen blieben ohne Erfolg. Sie hatte ursprünglich Entschädigung für die Diskriminierung sowie die Feststellung beantragt, dass sie keine arbeitnehmerähnliche Freie, sondern eine Angestellte sei. Die Anträge wurden aus prozesstaktischen Gründen vor dem BAG nicht mehr weiterverfolgt.

Die beiden Vorinstanzen hatten keine strukturelle Diskriminierung erkennen können. Vor allem aber – und dagegen wendete sich die Journalistin mit ihrer Revision – habe sie als „feste Freie“ keinen Auskunftsanspruch gegen ihren Arbeitgeber nach dem EntgTranspG. Diesen benötige sie jedoch, um überhaupt – dann in einem zweiten Schritt – einen Ausgleich für das geringere Gehalt erstreiten zu können.

Vor dem BAG ging es nur um den Auskunftsanspruch nach § 10 EntgTranspG. Nach dem Wortlaut haben diesen nur Beschäftigte. Wer dazu zählt, ist in § 5 Abs. 2 EntgTranspG definiert. Arbeitnehmerähnliche Personen, also auch freie Mitarbeiter zählen danach nicht dazu. So hatte das ZDF jahrelang und auch die Vorinstanzen argumentiert.

Im Zusammenhang mit der zwar bestehenden Rundfunkfreiheit erkannten die Vorinstanzen: Die „festen Freien“ hätten einen Anspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), nur das EntgTranspG fände auf die rund 18.500 freien Mitarbeiter des Rundfunks keine Anwendung.

Entscheidungsgründe

Das BAG entschied, dass auch arbeitnehmerähnliche Personen unter das EntgTranspG fallen, obwohl Wortlaut und Gesetzeshistorie anderes annehmen lassen. Denn das EntgelttranspG setze die europäische Richtline 2006/54 EG um, mit der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen verwirklicht werden solle. Die Richtlinie sei – so das BAG – in Deutschland vor Einführung des EntGTranspG nicht umgesetzt worden, auch nicht im AGG. Das EntGTranspG ziele auf die Umsetzung dieser Richtlinie ab, so dass der weite unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zu gelten habe. Darunter fallen auch freie Mitarbeiter. Daher müsse der Anwendungsbereich des EntgTranspG dem europäischen Arbeitnehmerbegriff entsprechen – und der sei weiter gefasst als der deutsche.

Ob die Klägerin auch einen Auskunftsanspruch im Hinblick auf das sog. Vergleichsentgelt hat, konnte das BAG aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Insoweit wurde die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Praxishinweise

Wenngleich die Entscheidung konsequenterweise ein weites Verständnis der Personen zeigt, die sich auf das Entgelttransparenzgesetz berufen können, wird das Gesetz selbst weiterhin in der Praxis kaum helfen, das Ziel der Herstellung von Entgeltgleichheit zu erreichen. Selbst in dem Fall, in dem der Anspruchsteller oder die Anspruchstellerin die begehrte Auskunft erlangt, ist die erzielte Klarheit meist nicht viel größer und der Zahlungsanspruch nicht näher. Aus diesem Grunde spielt das EntgTranspG in der betrieblichen Praxis meist eine untergeordnete Rolle auf dem Weg zur Herstellung von Entgeltgerechtigkeit.

Ellen Skiba

Rechtsanwältin

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